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Jeder Mensch hat ein Recht auf Kommunikation

Jeder Mensch hat ein Recht auf Kommunikation

Hilfsmittelvorstellung unterstützende Kommunikation 2

Barrierefreiheit wird häufig mit baulichen Maßnahmen, wie Rampen anstatt Treppen oder Automatiktüren anstatt manueller Türen gleichgesetzt. Aber Barrierefreiheit ist viel mehr als das und setzt auch noch auf ganz anderen Ebenen an. Einem Menschen sagen können: „Ich habe dich lieb.“ oder aber auch mal: „Das finde ich doof!“ gehört zum Leben. Leider hat nicht jeder Mensch diese Fähigkeit. Die Menschen, die nicht über ausreichend verständliche Lautsprache verfügen, versuchen oft mit Gestik und Mimik ihre Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen. Häufig kommt es dabei aber zu falschen Interpretationen seitens des Umfeldes und damit zu Frustration auf allen Seiten.

Eine erste Möglichkeit, mit Methoden der Unterstützten Kommunikation (UK) zu arbeiten ist das Nutzen von Bildkarten oder sogenannten „sprechenden Tasten“. Auf den Karten kann zum Beispiel die Auswahl zwischen Apfel und Banane gezeigt werden und die nicht-sprechende Person kann durch Zeigen auf die entsprechende Karte ihren Wunsch deutlich machen, berichtet Claudia Kebesch.

Die Logopädin und Kommunikationspädagogin ist zur Beratung über die Unterstützungsmöglichkeiten für einen Tag in der Werkstatt Hildesheim.

Besonders interessant ist es zum Beispiel, ein Wort wie „noch mal“ auf eine Taste zu sprechen. Die Nutzer*innen können durch das Drücken der Taste erleben, wie das Gegenüber eine interessante Aktion (z.B. Seifenblasen machen) einfach „noch mal“ macht. So können die Nutzer*innen sich als sehr selbstbestimmt erleben – oft eine völlig neue und sehr beglückende Erfahrung.
Eine Taste kann jederzeit mit einem individuellen Text besprochen, durch Drücken wieder abgerufen werden und so in sehr vielen verschiedenen Situationen eingesetzt werden.

Auf Einladung der Sozialpädagogin Andrea Hellmers ist diese Beratung zu Stande gekommen. Kommunikation ist ein Menschenrecht und mit dem BTHG existiert die rechtliche Grundlage zur Umsetzung durch Hilfsmittel. Die dazu erforderlichen Hilfen werden sehr individuell erprobt und ausgewählt, führt Hellmers weiter aus.

Hilfsmittelvorstellung unterstützende Kommunikation

Egal wie stark eingeschränkt die Person ist: Kommunikation ist möglich und es gibt für jeden und jede das passende Hilfsmittel. Ein sehr gutes und komplexes Hilfsmittel sind auch die sogenannten „elektronischen Kommunikationshilfen“ oder „Talker“. Das sind Tablets, die unterschiedliche Wortschatzprogramme ausführen können und in der Regel mit Symbolen, aber auch mit Schrift arbeiten. Der Wortschatz ist selbstverständlich auf die jeweiligen Nutzer*innen abgestimmt und kann jederzeit individuell angepasst werden. Auch Fotos (z.B. von Kollegen) können ganz leicht eingefügt werden.

Das Glück der Nutzer*innen zu sehen, ist immer wieder eine Freude, so Kebesch: endlich Gefühle und Bedürfnisse äußern können, nicht immer nur unbeachtet daneben sitzen, sondern aktiv an Unterhaltungen teilnehmen, wahrgenommen werden und Teil der Gesellschaft sein, mehr Selbstbestimmung leben und Teilhabe erfahren. All das gehört zu den Menschenrechten und stellt eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität dar.

Die Hilfsmittel sind aber natürlich kein Selbstläufer. Nur mit Akzeptanz der Nutzer*innen und des Umfeldes (Eltern, Lehrer, Werkstatt…) wird der Mehrwert im Leben möglich. Der angstfreie Umgang mit der Technik (es ist nämlich gar nicht so schwer und macht einfach viel Spaß) fördert die allgemeine Akzeptanz und ist Teil der Inklusion. Die Nutzer*innen können so nach und nach auch über umfangreichere Inhalte, wie z.B. über Erlebnisse am Wochenende, berichten.

Wenn die Gesprächsteilnehmer*innen ein wenig Rücksicht darauf nehmen, dass es manchmal etwas länger dauert, Wörter auf dem Talker zu finden, können oft erstaunlich intensive Unterhaltungen entstehen.

„Die Wünsche von den Augen abgelesen zu bekommen“ ist zwar manchmal eine schöne Vorstellung, führt aber leider im Alltag häufig zu Ausgrenzung und Bevormundung.

Teilhabe wird erst da möglich, wo selbstständig selbstbestimmt kommuniziert werden kann. Für interessierte Beschäftigte der Werkstatt Hildesheim und deren Angehörigen steht Andrea Hellmers als Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Tel: 05121 170 9715 – Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Text: Claudia Kebesch / Tobias Plitzko
Foto: Tobias Plitzko
Letzte Änderung amMittwoch, 14 April 2021 05:07