Ein Tag auf der IdeenExpo
- Publiziert in Aktuelles 2022
- geschrieben von Tobias Plitzko
Wir machen Sport – selbstverständlich – im Fitnessstudio
Hendrick steuert gezielt auf ein Fahrradergometer zu. Die Einstellungen auf seine Körpergröße hat er schnell vorgenommen. Das ist wichtig, denn jede Person benötigt eine individuelle Einstellung auf die persönlichen Abmessungen, sonst schadet das eher als das es hilft, erklärt Hendrick. Hier kann ich auch meine Kopfhörer anschließen, sagt er noch, schließt sie an, stellt sein Lieblingsprogramm ein und fängt an zu strampeln.
Karin ist bereits mehrere Kilometer auf dem Laufband gelaufen. Zum warm machen der Muskeln, teilt sie mit. Gleich geht es an die Geräte, ergänzt sie noch.
Frank steuert erst einmal die Versorgungsstation an. Trinken ist wichtig, weiß er zu berichten, stellt seine Trinkflasche unter den Getränkeautomaten und wählt sich seine Lieblingsgeschmackssorte aus.
Lukas ist privat auch häufiger im Fitnessstudio und spult sein Programm ab.
Entstanden ist das Angebot der Lebenshilfe Hildesheim für die Beschäftigten im Handwerkerservice. Jeden Tag an einem anderen Einsatzort. Immer körperlich gefordert. Und manchmal, immer wieder die gleichen Bewegungen. An den regulären ergänzenden Sportangeboten teilzunehmen, ist schwierig bis unmöglich.
Durch die Kooperation mit dem Jim und Jimmys in Hildesheim konnte für die Beschäftigten ein Angebot geboten werden, das außerhalb ihrer Hauptbeschäftigungszeit liegt. Dieses Angebot hat so viel Anklang und Zustimmung gefunden, so dass die Kooperation auch für weitere interessierte Beschäftigte ausgeweitet wurde. Insgesamt nehmen mittlerweile über 40 Beschäftigte das Angebot war. Im Wechsel fährt der Gesundheitstrainer Osman Alic, neben seinen anderen Angeboten wie Rückenschule, Tischtennis, Schwimmen und Karate, wöchentlich mit den Teilnehmer*innen ins Fitnessstudio.
In vier Sätzen mit jeweils 15 Wiederholungen spulen die Sportler*innen ihr Programm ab. Beinpresse, Rückenstrecker und noch sechs weitere Geräte haben sie bereits kennen gelernt und wurden von Osman darauf angelernt. Wie stellt man das Gerät ein, worauf ist zu achten, sitze ich richtig und habe ich das passende Gewicht gewählt. Wenn alles stimmt, geht es los. Nicht für jede Person ist jedes Gerät gleich gut geeignet, erklärt Osman. Bei Personen, mit einer körperlichen Fehlhaltung soll diese nicht noch weiter gestärkt, sondern aktiv entgegengewirkt werden.
Selbstverständlich greifen die Sportler*innen zur Flasche, wenn sie an einem Gerät fertig sind. Desinfizieren gehört genauso dazu, wie die Nutzung des Handtuches als Unterlage.
11/2 Stunden sind die Sportler*innen im Fitnessstudio. Aber nicht ohne cool down. Zum Schluss geht es wieder 10 min. auf das Laufband oder das Fahrradergometer.
Glücklich aber erschöpft verlassen die Sportler*innen die Sportstätte. Gemeinsam fahren sie in die Werkstattstandorte zurück.
Bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt:
Wir machen Sport – selbstverständlich – im Fitnessstudio
Vorbereitung auf den großen Tag
Hier wird ein Kuchen nach dem anderen gebacken, freut sich Jana Ranke.
Die Bildungsbegleiterin der Beruflichen Bildung Hauswirtschaft ist in ihrem Element. Gemeinsam mit den Teilnehmer*innen der Beruflichen Bildung wird der Kuchen für die Eröffnungsfeierder Café Lounge 16.06.22 gebacken
Ein großes Ereignis. Es werden viele Gäste erwartet.
Die Räume der Kantine Am Flugplatz 9 wurden frisch renoviert. In dem Zuge ist ein zusätzliches Angebot, in Form einer Café Lounge entstanden. Hierdurch sollen noch mehr interne und externe Kunden angesprochen werden.
Leonie misst das Mehl für den Russischen Zupfkuchen ab. Nebenbei erklärt Jana die Waage und zeigt Tricks und Kniffe aus ihrem Fundus. Lange Jahre hat sie in unterschiedlichen Küchen gearbeitet und ist seit 2015 Bildungsbegleiterin für den Bereich. Unterstützt wird sie von Leonie Stahl. Als Auszubildene im Praxissemester zu Heilerziehungspflegerin
hat Leonie schon so manche Bildungseinheit begleitet.
Heute steht sie Nico zur Seite.
Er backt einen Kirsch Sandkuchen. Gleichzeitig kippt er vorsichtig die rohen Eier in die Schüssel und rührt mit dem Mixer das Mehl durch. Auf den selbst gestalteten Rezeptblättern, in leichter Sprache ist bereits zu sehen, wie der Kuchen später fertig aussehen soll. Und das schaut lecker aus.
Herrlicher Duft steigt aus dem Backofen. Gerade ist der Bretonische Apfelkuchen fertig gebacken. Den Schoko Gugelhupf, der bereits auf dem Tisch steht und auf Verzierung wartet, hat Ali gebacken. Er macht derzeit ein Schulpraktikum in dem Bereich.
Alle sind auf die Eröffnungsfeier gespannt. Die Teilnehmer*innen der Beruflichen Bildung werden selbst auch zur Eröffnung der Café Lounge vorbeikommen. Schließlich wollen sie sehen, wie der Kuchen bei den Gästen ankommt. Jeden Dienstag und Donnerstag wird es zukünftig in der Café Loung selbstgebackenen Kuchen geben. Entweder von den Bildungsteilnehmer*innen oder von den Beschäftigten der Kantine Am Flugplatz 9.
Martina Märting, Gruppenleiterin der Kantine ist derzeit noch mit den Vorbereitungen für den morgigen Tag beschäftigt und freut sich über die tatkräftige Unterstützung aus der Beruflichen Bildung.
Die bisherige Resonanz ist durchweg positiv, berichtet Lukas Rojek, Küchenleiter der Kantine Am Flugplatz 9.
Neue Räume, neue Möbel, neues Angebot – Das wird gut!
Café Lounge
Kantine Am Flugplatz 9
Die Vielfalt hat mich überrascht
Als Leonie Stahl sich für ihren praktischen Teil 3, im Rahmen Ihrer Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin in der Lebenshilfe Hildesheim beworben hat, dachte sie an Werkstatt. Sie hätte auch den Bildungsbereich Holz wählen können, aber Hauswirtschaft liegt ihr mehr. Arbeitsplätze, an denen Menschen mit besonderem Hilfebedarf Arbeitsgänge und Fähigkeiten vermittelt werden, um diese dann eigenständig durchführen zu können.
Im Grundsatz war die Vorstellung richtig, aber der Bereich „Berufliche Bildung“ ist viel mehr als das. Einmal wöchentlich hat sie einen Einblick in die praktische Arbeit mit den Menschen erhalten. Da bekommt man leider nur kleine Ausschnitte zu sehen, sagt Leonie. Richtig intensiv war die Zeit des Blockpraktikums und danach. Die Begleitung über einen längeren Zeitraum ermöglicht eine erweiterte Betrachtung. Auch die Verbundenheit und das gegenseitige Vertrauen mit den Teilnehmer*innen ist in dieser Zeit gewachsen. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit den Personen mit autistischen Verhaltensweisen ist die kontinuierliche Anwesenheit ein Gewinn für beide Seiten. Zusammenhänge lassen sich besser verstehen und Projekte besser begleiten. Und Projekte gab es viele.
Die Berufliche Bildung Hauswirtschaft hat gekocht, gebacken und auch das ein oder andere Catering vorbereitet. Auch Nähen und Waschen gehören in den Bereich. Viele Angebote für die Teilnehmer*innen erfasst man aber erst auf den zweiten Blick. Leonie hat gemeinsam mit den Teilnehmer*innen z.B. Gemüse und Kräuter ausgesät und groß gezogen. Zum Auspflanzen der größeren Pflanzen haben alle zusammen ein Hochbeet auf der Terrasse gebaut. Platz schaffen, die Hölzer auf Maß sägen, montieren und mit Erde füllen. Alles ein Gemeinschaftsprojekt der Beruflichen Bildung.
Die eigene Gestaltungsmöglichkeit und das Einbringen von Ideen haben Leonie besonders gut gefallen. Mit dem Bildungsbegleiter, Sascha Kalkstein hat sie eine Lernaufgabe zur Förderung der Motorik, Wahrnehmung und Ausdauer emtwickelt. Leichte Aufgaben können genauso gestellt und erledigt werden wie Schwere.
Auch Leonie hat sich neuen Aufgaben gestellt. Sie hat die Klettergruppe der Beruflichen Bildung mit in die Kletterhalle begleitet und hat die Kletterwand selbst erklommen. Für sie ein bleibendes Ereignis.
Jana Ranke, Bildungsbegleiterin in der Hauswirtschaft hat ihr das Nähen an der Nähmaschine beigebracht, damit sie das Projekt „Utensilo“ nähen begleiten konnte.
Derzeit entwickelt Leonie eine Denksportaufgabe. Ähnlich wie Memory, sagt sie. In der Küche der Beruflichen Bildung Hauswirtschaft gibt es viele Schubladen und Schanktüren. Was steckt dahinter? Mit Kärtchen, auf denen die Inhalte der Schränke und Schubladen abgebildet sind, werden die Teilnehmer*innen motiviert diese zuzuordnen, um dann zu prüfen, ob die Wahl richtig ist. Das Wissen spielerisch festigen und weiter ausbauen, das ist Leonis Ziel. Auch bei ihrer beruflichen Orientierung, nach bestandener Prüfung, wird dieses weiter Ihr Anspruch bleiben.
Wir sagen Danke für ein erlebnisreiches gemeinsames Jahr und weiterhin viel Erfolg in der Zukunft.
Foto: Sascha Kalkstein
Text: Tobias Plitzko
Ist das richtig oder sollte man das besser nicht tun? Das Publikum ist sich einig und hebt die roten Schilder hoch. Nein, das sollte man nicht machen. Da ist sich das Publikum sicher und liefert auch gleich die Begründungen. Aber wenn es doch einmal passiert ist?
Das Theater Springinsfeld bietet Denkansätze und Lösungsvorschläge.
Aber worum geht es genau?
Die beiden Theaterpädagog*innen und Schauspieler*innen Antje Kilian und Jens Wirsching führen ein Theaterstück zur Prävention von sexualisierter Gewalt auf. Dieses Mitmachtheaterstück ist speziell für Menschen mit Behinderung entwickelt worden.
Es heißt „Au ja Liebe! – Über meinen Körper bestimme ich“
Auch mal „Nein“ sagen. Ich bestimme über meinen Körper. Ich achte auf meine Gefühle und sage, wenn ich etwas unangenehm finde. Mutig sein und auch darüber mit Vertrauenspersonen reden, wenn man ein ungutes Gefühl hat. Das Gefühl dafür bekommen, was richtig ist und mir gefällt. Aber auch Rücksicht auf die Gefühle und Empfindungen anderer Menschen nehmen, ohne die eigenen Gefühle und Empfindungen zu vergessen.
In kleinen, kurzweilig präsentierten Sequenzen spielen unterschiedliche Charaktere, Szenen aus dem Leben. Situationen, die passiert sind und passieren können. So ernst wie die Themen sind, so leicht und verständlich werden diese von den zwei Künstlern präsentiert.
Seit 1991 bieten die beiden, Kindertheater zur Prävention von sexuellem Missbrauch. Sowohl in Klassenzimmern als auch vor größerem Publikum. Jetzt auch in den Einrichtungen für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Das ist wichtig. Denn Menschen mit Beeinträchtigungen sind, laut Studien etwa 2-3mal häufiger Opfer sexualisierter Gewalt als Menschen ohne Behinderung.
Durch das bunte Programm führen die Moderatoren Tanja und Thomas. Das Publikum fiebert mit, wer von beiden sich am schnellsten für die nächste Szene umgezogen hat. Und dann steht da plötzlich Jule auf der Bühne. Sie hat eine neue Chatbekanntschaft. Supernett ihr neuer Freund. Kennen tut sieh ihn noch nicht so richtig. Aber der ist ja sooo süß. Ein Foto möchte er von ihr haben. Klaro, er soll ja wissen mit wem er chattet. Das Foto gefällt ihm so sehr, dass er gleich noch ein Foto in voller Lebensgröße von Jule möchte. Oh – der ist ja so süß. Aber dabei bleibt es nicht. Er will mehr. Ein Nacktbild von Jule. Ist doch nicht so schlimm, oder? Komisch fühlt es sich ja schon an. So richtig kennt Jule ihn ja auch noch nicht. Aber sonst macht er vielleicht Schluss. Soll Jule ein Nacktfoto von sich machen und ihrem neuen Chatfreund senden? Ist das richtig oder sollte man das besser nicht tun? Das Publikum ist gefragt.
In der Lebenshilfe Hildesheim hat das Publikum die Premierenvorstellung begeistert aufgenommen. Weitere Vorstellungstermine werden folgen. Alle interessierten Beschäftigten der Werkstatt sollen die Möglichkeit bekommen, das Theaterstück anzuschauen und mitzumachen, denn Prävention darf Spaß machen.
Text und Fotos: Tobias Plitzko